

News erstellt am:
22.10.2019 //
Regionale Strategie für die Vergabe öffentlicher Bauaufträge?
Immo-Zmorge der Standortförderung im Café Seewadel stiess auf grosses Interesse
– Bericht von Bernhard Schneider, Affolter Anzeiger –
Das Café Seewadel erwies sich als passender Ort für den Immo-Zmorge der Standortförderung zum Thema regionale Arbeitsvergabe. Falls die Affoltemer am 9. Februar 2020 dem Neubau zustimmen, wird ein grosses Auftragsvolumen vergeben.
Verena Feller, die Geschäftsleiterin des Hauses zum Seewadel, ging bei ihrer Begrüssung der Anwesenden auf den Wandel des Altersheims ein, das sich zunehmend zu einem Pflegeheim entwickelt. Die Infrastruktur ist nicht nur sanierungsbedürftig, die Anforderungen, die ein Pflegeheim stellt, weichen auch stark von denjenigen eines Altersheims ab. Wie Stadtschreiber Stefan Trottmann gegenüber dem «Anzeiger» erläuterte, enthält die Kreditvorlage über 43,8 Millionen Franken auch die Kosten von 8 Millionen für ein Provisorium in Affoltern, das neben der Schulanlage Ennetgraben errichtet werden soll. Die Alternative, ein temporärer Umzug nach Adliswil, käme nicht günstiger, hätte aber erhebliche Nachteile: Die Bewohnerinnen und Bewohner würden aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen, ihre Angehörigen hätten einen langen Anreiseweg und keine direkte ÖV-Verbindung zum vorübergehenden Standort und die Mitarbeitenden hätten weitere Arbeitswege. Bezüglich des konkreten Themas Arbeitsvergaben erklärte Trottmann, dass Affoltern keinen Generalunternehmer beauftragen, sondern gemäss der kantonalen Submissionsverordnung die grösseren Aufträge ausschreiben, die kleineren im Einladungsverfahren vergeben werde.
Der Günstigste oder der Preiswerteste?
Standortförderer Johannes Bartels unterhielt sich in einem angeregten Podiumsgespräch mit Fabrizio Meo, Abteilungsleiter Immobilien der Stadt
Affoltern, René Ammann, Präsident des örtlichen Gewerbevereins sowie Baumanagementberater Roman Jeker über die Frage, wie Affoltern die Aufträge unter Berücksichtigung der Submissionsverordnung auch an regionale KMU vergeben kann. René Ammann forderte, dass Aufträge nicht dem günstigsten, sondern dem preiswertesten Anbieter vergeben werden. Dazu müssten Aspekte wie Ökologie – dazu zählt auch der Anfahrtsweg – und Lehrlingsausbildung berücksichtigt werden. «Uns ist klar, wenn solche weichen Kriterien hinzukommen, wird die Gemeinde angreifbarer. Auf unserer Seite braucht es vielleicht auch Zusammenschlüsse, um günstiger anbieten zu können», räumte er ein.
Fabrizio Meo erklärte, dass der Kanton Zürich verlangt, dass mindestens 10 Prozent der Bewertung für die Lehrlingsausbildung eingesetzt werden. Allerdings werde es bei europäischen Anbietern mit anderen Ausbildungssystemen schwierig, dieses Kriterium zu bewerten. Gemäss Roman Jeker werden diese Fragen in allen Regionen diskutiert: «Viele Gemeinden fürchten sich vor Einsprachen und verzichten deshalb möglichst weitgehend auf qualitative Kriterien. Wenn der Preis mit 80 Prozent gewertet wird, muss ein Anbieter in den qualitativen Kriterien enorm viele Punkte machen, um die höheren Kosten zu kompensieren.»
René Ammann mahnte vor zu kurzfristigem Denken: «10 Prozent der Unternehmen, die sich in der Schweiz an Submissionen beteiligen, gehen Konkurs. Unternehmen, die vom Markt verschwinden, können keine Garantieleistungen mehr erbringen. Wenn ich an die Wahl vom Sonntag denke: Die Leute wollen ein ökologischeres Verhalten. Ist es sinnvoll, dass ein Unternehmen aus Zürich im Kanton Graubünden baut, während Bündner jeden Tag nach Zürich fahren? Dies hat nichts mit Patriotismus zu tun, denn diese ‹Herumkarrerei› nützt niemandem.»
Demgegenüber hielt Roman Jeker fest, der bestehende Spielraum sei bescheiden: «Die Nähe zur Baustelle darf kein Kriterium sein.» Fabrizio Meo stimmte zu: «Ich würde auch lieber regional vergeben, aber nur schon das Kriterium ‹Schweizer Holz’ lässt sich nicht einfach berücksichtigen. Wenn jemand eine Einsprache macht, kann man nicht bauen. Wir müssen die Leitlinien so umsetzen, dass alles hieb- und stichfest ist. Wenn wir eine Möglichkeit haben, einen Auftrag juristisch zweifelsfrei regional zu vergeben, machen wir das.»
Regionale Strategie
In der Schlussrunde forderte Johannes Bartels die Gesprächsteilnehmer auf, einen Wunsch zur künftigen Anwendung der Submissionsverordnung zu formulieren. Roman Jeker möchte «die schwarzen Schafe unter den Unternehmern eliminieren.» Fabrizio Meo würde die Schwellenwerte erhöhen, um mehr Aufträge im Einladungsverfahren zu vergeben, wodurch die Berücksichtigung des regionalen Gewerbes verbessert werden könnte.
Für René Ammann bestünde ein grosser Schritt nur schon darin, wenn alle Gemeinden des Bezirks gemeinsam eine einheitliche Anwendung der Vergabekriterien erarbeiten würden. Mit diesem Wunsch an die Gemeinden schloss Johannes Bartels den offiziellen Teil und leitete zum Vernetzungs-
Frühstück über.